Edorn oder Bauer Kapelle

Religiöse KleindenkmälerKapellen und GrottenKapellen

Gemeinde: Groß-Engersdorf

Zeitkategorie: 19. Jahrhundert, 2. Hälfte

Chronik:

Die Großengersdorfer nennen Sie Edorn Kapelle - als Erinnerung an das verwüstete/öde Dorf Wendling, dass sich dort Mal befunden hat. Für die Bockfließer Bevölkerung ist es die Bauer Kapelle. Hinsichtlich Anlass ihrer Errichtung sind uns drei mögliche Versionen überliefert: Zum einen berichtet Erika Reil, dass die Bauer Kapelle zum Dank für die Genesung nach einem Jagdunfall von den Wirtsleuten Heinrich und Barbara Bauer (Gastwirtschaft - "Zum lustigen Bäuerlein", jetzt Schram Wirtshaus) errichtet wurde.
Eine zweite denkbare Version ist, dass die Bauer Kapelle zum Andenken an die im Jahr 1871 nach einem Sturm oder Brand eingestürzte und 1874-1876 neu errichtete Bockfließer Kirche von Heinrich u. Barbara Bauer auf ihrem Feld neben der damaligen Wagramer Straße im Freiland zwischen Bockfließ und Deutsch Wagram dort errichtet wurde. Seit der Begradigung der Wagramer Straße im Jahr 1976 steht die Edorn (Bauer) Kapelle nun mitten im Feld, dass der Fam. Reil aus Bockfließ gehört.

Edorn steht für (ödes Dorf). Es war einst das Gemeindegebiet von Ober-Wendling, das sich südlich vom Hüttenberg in Nord-Süd-Richtung erstreckte. Der Hauptweg (Güterweg) der nun von der Wagramer Straße (umgangssprachlich auch "Rennweg" genannt) nach Westen bis zur Engersdorfer Remise führt, kann als Nord-Ende des ehemaligen Ortes Wendling gelten. Die kleine Bodenwelle, die von da an zwischen Rennweg und Mühlbach nach Süden verläuft, werden wohl die Reste der Häuserzeile des verödeten Uferdorfes Wendling sein.

Die Kapelle könnte an der Stelle stehen, wo schon vielleicht vor tausend Jahren ein kleiner sakraler Bau von Ober Wendling stand. Der Name Wendling wird durch seine -ing Endung auf die altbayrische, karolingische Kolonisation zurückgeführt.

Urkundlich wurde der Ort Wendling im Jahre 1307 bei Zehentkäufen genannt, außerdem mehrmals im 15. Jhd. - ab 1499 bereits als öd, das heißt, im ungarischen Einfall unter Matthias Corvinus zerstört, daher unbewohnt, seine Einwohner tot oder zerstreut. Ob sie die Siedler der "Neustift" waren, ist ungewiss.

Ihr Burgfried, die "Wendlinger Freyheit" kam jedenfalls nach Engersdorf.



Beschreibung:

Die Edorn Kapelle (von der Bockfließer Bevölkerung auch Bauer Kapelle genannt) wurde aus Ziegel errichtet und ist innen u. außen verputzt und mit weißer Farbe gekalkt. Der Sockelbereich außen ist in grauer Farbe bemalt. Das Satteldach ist betoniert. An der Frontseite der Kapelle wurde mittig ein ca. 0,95m breiter Eingang mit Rundbogen gemauert, welcher als Zugang zur Kapelle dient. Dieser Eingangsbereich ist mit einer schmiedeeisernen Gittertür versehen um den Zutritt für Unbefugte zu verhindern. In dieser Gittertür ist die Jahreszahl 1876 eingearbeitet. Diese Jahreszahl ist auch auf einer Marmortafel am Fuße des Altarsockels im Inneren der Edorn Kapelle zu finden auf welcher eingraviert steht: "Zum Andenken von Heinrich u. Barbara Bauer 1876"!
Im Inneren der Kapelle befindet sich ein Altar mit einem Tabernakel - aus Holz gefertigt - auf welcher eine alte Jesus Christus Statue des Gekreuzigten steht. Dieser Tabernakel sowie die darauf befindliche Jesus Statue stammen lt. Erzählungen der Fam. Reil noch aus dem Bestand der alten Kirche in Bockfließ vor 1871, nachdem der Turm der alten Kirche im Jahr 1871 eingestürzt ist und die Kirche in den darauffolgenden Jahren von 1874 bis 1876 in ihrer jetzigen Form neu erbaut wurde. 1876 wurde die neue Kirche geweiht.
Die Jahreszahl 1876 an der Gedenktafel der Kapelle und an der schmid- eisernen Gittertür lässt einen Zusammenhang mit dem Einsturz/Abriss und der Neuerrichtung der Kirche von Bockfließ erkennen, welches die Vermutung zulässt, dass die Edorn Kapelle (Bauer Kapelle) von Heinrich und Barbara Bauer aus Bockfließ zum Andenken an die alte Kirche in Bockfließ neben der damaligen Wagramer Straße zwischen Bockfließ und Deutsch Wagram errichtet und mit dem Altar bzw. Tabernakel sowie der Christusstatue aus der "alten" Kirche ausgestattet wurde.
Im Jahr 2008 wurde die Kapelle von der Fam. Reil innen u. außen renoviert und neu gestrichen. Der Künstler Johann Wannemacher aus Bockfließ restaurierte bzw. erneuerte die morschen Teile der Christus Statue und bemalte diese neu.
Erika Reil berichtete, dass vor ca. 40 - 50 Jahren aus der Kapelle 2 goldene Engelsfiguren gestohlen wurden, welche ebenfalls noch aus der alten Kirche (vor 1871) gestammt haben. Diese Engelsfiguren sind leider nie wieder aufgetaucht.

Details

Gemeindename Groß-Engersdorf
Gemeindekennzahl 31615
Ortsübliche Bezeichnung Edorn oder Bauer Kapelle
Objektkategorie 1512 ( Religiöse Kleindenkmäler | Kapellen und Grotten | Kapellen)

Katastralgemeinde Großengersdorf -- GEM Groß-Engersdorf
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer 4927
Ortschafts- bzw. Ortsteil ehemals das versunkene/öde Dorf Ober-Wendling
Straße und Hausnummer bzw. Flurname ca. 100m westlich der Landesstraße 13 zwischen Bockfließ und Deutsch Wagram
Längengrad 16.592481
Breitengrad 48.339198

denkmalgeschützt nicht geschuetzt

Höhe (m) 3.1
gemessen od. geschätzt gemessen
Breite (m) 2.5
gemessen od. geschätzt gemessen
Tiefe (m) 2.43
gemessen od. geschätzt gemessen

Zustandsklassifizierung gut
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös:
empfohlene Maßnahmen

Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik) Die Edorn Kapelle (von der Bockfließer Bevölkerung auch Bauer Kapelle genannt) wurde aus Ziegel errichtet und ist innen u. außen verputzt und mit weißer Farbe gekalkt. Der Sockelbereich außen ist in grauer Farbe bemalt. Das Satteldach ist betoniert. An der Frontseite der Kapelle wurde mittig ein ca. 0,95m breiter Eingang mit Rundbogen gemauert, welcher als Zugang zur Kapelle dient. Dieser Eingangsbereich ist mit einer schmiedeeisernen Gittertür versehen um den Zutritt für Unbefugte zu verhindern. In dieser Gittertür ist die Jahreszahl 1876 eingearbeitet. Diese Jahreszahl ist auch auf einer Marmortafel am Fuße des Altarsockels im Inneren der Edorn Kapelle zu finden auf welcher eingraviert steht: "Zum Andenken von Heinrich u. Barbara Bauer 1876"!
Im Inneren der Kapelle befindet sich ein Altar mit einem Tabernakel - aus Holz gefertigt - auf welcher eine alte Jesus Christus Statue des Gekreuzigten steht. Dieser Tabernakel sowie die darauf befindliche Jesus Statue stammen lt. Erzählungen der Fam. Reil noch aus dem Bestand der alten Kirche in Bockfließ vor 1871, nachdem der Turm der alten Kirche im Jahr 1871 eingestürzt ist und die Kirche in den darauffolgenden Jahren von 1874 bis 1876 in ihrer jetzigen Form neu erbaut wurde. 1876 wurde die neue Kirche geweiht.
Die Jahreszahl 1876 an der Gedenktafel der Kapelle und an der schmid- eisernen Gittertür lässt einen Zusammenhang mit dem Einsturz/Abriss und der Neuerrichtung der Kirche von Bockfließ erkennen, welches die Vermutung zulässt, dass die Edorn Kapelle (Bauer Kapelle) von Heinrich und Barbara Bauer aus Bockfließ zum Andenken an die alte Kirche in Bockfließ neben der damaligen Wagramer Straße zwischen Bockfließ und Deutsch Wagram errichtet und mit dem Altar bzw. Tabernakel sowie der Christusstatue aus der "alten" Kirche ausgestattet wurde.
Im Jahr 2008 wurde die Kapelle von der Fam. Reil innen u. außen renoviert und neu gestrichen. Der Künstler Johann Wannemacher aus Bockfließ restaurierte bzw. erneuerte die morschen Teile der Christus Statue und bemalte diese neu.
Erika Reil berichtete, dass vor ca. 40 - 50 Jahren aus der Kapelle 2 goldene Engelsfiguren gestohlen wurden, welche ebenfalls noch aus der alten Kirche (vor 1871) gestammt haben. Diese Engelsfiguren sind leider nie wieder aufgetaucht.
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details

Zeitkategorie 19. Jahrhundert, 2. Hälfte
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) Die Großengersdorfer nennen Sie Edorn Kapelle - als Erinnerung an das verwüstete/öde Dorf Wendling, dass sich dort Mal befunden hat. Für die Bockfließer Bevölkerung ist es die Bauer Kapelle. Hinsichtlich Anlass ihrer Errichtung sind uns drei mögliche Versionen überliefert: Zum einen berichtet Erika Reil, dass die Bauer Kapelle zum Dank für die Genesung nach einem Jagdunfall von den Wirtsleuten Heinrich und Barbara Bauer (Gastwirtschaft - "Zum lustigen Bäuerlein", jetzt Schram Wirtshaus) errichtet wurde.
Eine zweite denkbare Version ist, dass die Bauer Kapelle zum Andenken an die im Jahr 1871 nach einem Sturm oder Brand eingestürzte und 1874-1876 neu errichtete Bockfließer Kirche von Heinrich u. Barbara Bauer auf ihrem Feld neben der damaligen Wagramer Straße im Freiland zwischen Bockfließ und Deutsch Wagram dort errichtet wurde. Seit der Begradigung der Wagramer Straße im Jahr 1976 steht die Edorn (Bauer) Kapelle nun mitten im Feld, dass der Fam. Reil aus Bockfließ gehört.

Edorn steht für (ödes Dorf). Es war einst das Gemeindegebiet von Ober-Wendling, das sich südlich vom Hüttenberg in Nord-Süd-Richtung erstreckte. Der Hauptweg (Güterweg) der nun von der Wagramer Straße (umgangssprachlich auch "Rennweg" genannt) nach Westen bis zur Engersdorfer Remise führt, kann als Nord-Ende des ehemaligen Ortes Wendling gelten. Die kleine Bodenwelle, die von da an zwischen Rennweg und Mühlbach nach Süden verläuft, werden wohl die Reste der Häuserzeile des verödeten Uferdorfes Wendling sein.

Die Kapelle könnte an der Stelle stehen, wo schon vielleicht vor tausend Jahren ein kleiner sakraler Bau von Ober Wendling stand. Der Name Wendling wird durch seine -ing Endung auf die altbayrische, karolingische Kolonisation zurückgeführt.

Urkundlich wurde der Ort Wendling im Jahre 1307 bei Zehentkäufen genannt, außerdem mehrmals im 15. Jhd. - ab 1499 bereits als öd, das heißt, im ungarischen Einfall unter Matthias Corvinus zerstört, daher unbewohnt, seine Einwohner tot oder zerstreut. Ob sie die Siedler der "Neustift" waren, ist ungewiss.

Ihr Burgfried, die "Wendlinger Freyheit" kam jedenfalls nach Engersdorf.



Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher) Um dieses verschwundene Dorf Ober Wendling, auch "Edagen" - bedeutet, Öd Aigen" = ödes Dorf - spinnt sich die sogenannte "Glocken-Sage", die das Recht auf den Wendlinger Grund und das Recht auf die Glocke zum Ausdruck bringen wollen.

Frau Oberschulrat Hermine Loderer wurde diese Sage von der Großengersdorferin Fr. Poldi Müllner, Nr. 2 whft., im Jahr 1945, wie folgt überliefert:

Die Sage von der großen Glocke von Großengersdorf erzählt, dass an jener Stelle, wo einst der Ort Wendling lag, ein Wildschwein den Boden aufgewühlt habe und eine große Glocke zu Tage befördert hatte.

Nun wollte der Graf von Bockfließ, in dessen Herrschaftsbereich die Glocke lag, diese in seinen Ort bringen lassen. Aber sechs Paar Ochsen konnten die Glocke nicht in die Richtung nach Bockfließ schleppen.

Inzwischen aber erhob der Kaiser Anspruch auf diese schöne Glocke. Doch auch nach Wien konnte sie nicht gebracht werden, da sie sich einfach nicht von der Stelle bewegen ließ.

Nun blieb die Glocke den Engersdorfern und siehe da, sie ließ sich auch leicht in deren Kirche bringen.

Darüber erzürnt - oder weil man ihr Geläute bis nach Wien hörte - schlug jemand giftige Nägel in sie ein, sodass der schöne Klang der Glocke seither nicht mehr so weit ertönt.

Von der Großengersdorferin Fr. Maria Walzl wurde über die Glockensage folgendes Gedicht verfasst:

A Engersdorfer Bauer mit seinem Schwein
ging zum Markt ins Marchfeld nein.
Doch wann ihr glaubt, die Sau sei a Roß,
da irrt ihr aber schon wirkli groß!
Beim Hüttenberg sie oanfoch net weiter mehr geht;
der Bauer kann tuan, was er will, die Sau, die steht.
Sie will jo nur wühl`n, und des tuat sie auch -
es is halt bei ihrer Sippe seit jeher so Brauch.
Sie wühlte und suhlte, auf oamal macht`s "peng"!
Der Bauer rennt hin und schaut net weng!
Was war dös? Was is dös? Ja mei, o mei,
dös dürft ja gar a mords Glock`n sein!
Es war a a Glock`n, a wunderschön`s Stück
Für d`Engersdorfer wirkli a wahres Glück!
Vom versunkenen Dorf wahrscheinli da Rest;
Edorn hieß einstens dös kloane Nest.
Doch d`Wiener fraß darob der Neid
und glaubt`n, sie san woaß wie g`scheit.
Sie wollten die Glocken nach Wien einiführ`n;
Doch sechs Paar Ross`sie net vom Fleck konnt`n rühr`n.
Nach Engersdorf aber, da packten`s zwoa Gäul`,
dem einen zur Freud`, dem ander`n zum G`heul!
Als d`Glock`n dann g`hört wurd`bis nach Wien,
Da wurd`n d`Wiener verruckt und nichts, wia hin
zur Glock`n - und hab`n Näg`l eing`schlag`n
Vor lauter Gift, ja net zum Sag`n!
De Glock`n hängt heut`no im Engersdorfer Turm,
derweil übers Land ging so mancher Sturm!
Hört ma ihr G`läut a nimmer so weit,
is`s doch`s schönste hier von weit und breit!

alt text

Isidor_Sigmhbg

1997-04-15

Rieder Leopold

Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen Heimatbuch der Marktgemeinde Großengersdorf, 1. Auflage im Jahr 1982, Beiträge von OSR Hermine Loderer und Maria Walzl
Erzählungen der Fam. Erika u. Johannes Reil
Heimatbuch der Marktgemeinde Bockfließ, 1. Auflage im Jahr 1978, Beiträge von OSR Hermine Loderer
mündl. Erzählungen von Schulrätin Maria UBL aus Bockfließ

Christian Hirschvogl
Datum der Erfassung 2023-07-13
Datum der letzten Bearbeitung 2024-01-23

Standort

Kommentare

Sie müssen sich einloggen, um selbst Kommentare abgeben zu können!

Wesentliche Felder richtig erfasst

Qualitätssiegel BHW Siegel