Stalingrad- oder Steinfeldberg-Kapelle

Religiöse KleindenkmälerKapellen und GrottenKapellen

Gemeinde: Purgstall an der Erlauf

Zeitkategorie: 17. Jahrhundert, 2. Hälfte

Chronik:

An der nördlichen Seite des Steinfeldberges befindet sich die „Stalingradkapelle“, die im Jahr 1968 anstatt einer barocken Kapelle, neu erbaut wurde.

Benefiziat Coelestin Schachinger schreibt 1913 zur ursprünglichen „Steinfeldbergkapelle“ im Buch „Geschichte des Marktes Purgstall a. d. Erlauf“: „Mehrere größere Votiv-Kapellen in der Umgebung des Marktes erinnern an den zweiten Türkeneinfall und an die Pestgefahr jener Zeiten. Von diesen ist die älteste die Steinfeldbergkapelle, im Volke „Staffelberg“, sonst auch „Waldkapelle“ genannt. Über ihre Entstehung belehrt uns die Unterschrift des alten, in der Kapelle befindlichen Ölgemäldes.
„Zu sonderbaren Lob und Ehr der allerheiligsten Dreifaltigkeit hab ich, Johann Georg Sturmlehner und Maria, meine Ehewirtin dieses Kreuz allher setzen lassen wegen gefährlicher Kriegszeit und unterschiedliche Krankheit gnädiglich sein erhalten worden. Geschehen den 1. Januarii 1694.“
Über dem Texte ist die Familie abgebildet: Vater, Mutter, drei Söhne und zwei Töchter. Man beachte die damals übliche Festtagskleidung der Bauern; die Familie besaß das Bauernhaus „Pittersberg“. In ihrer ersten Form bestand die Kapelle aus Holz und war klein; die Hauptsache bildete das Votivbild. Aus Stein wurde sie erst 1718 gebaut; 40 Jahre später war sie baufällig und erhielt bei der Renovierung ein kuppelförmiges Dach. Benefiziat Joh. Streimetweger, ein besonders fleißiger Besucher dieser Kapelle, ließ sie im Jahre 1863 neuerdings restaurieren und machte eine Stiftung, der zufolge jährlich am Dreifaltigkeitssonntage eine Prozession mit drei Geistlichen und Musikbegleitung von der Pfarrkirche zur Kapelle geführt wird, an der sich zahllose Menschen zu beteiligen pflegen. Überdies ziehen an dem genannten Tage vom frühesten Morgen bis spät in den Abend kleinere Beterscharen prozessionsweise hinauf, um bei der Kapelle ihre Andacht zu verrichten. Die liebliche Lage am Saume des Waldes, verbunden mit hübscher Aussicht über die Heide bis nach Wieselburg hinab, zieht auch viele Sommerfrischler an, welche dort die würzige Waldesluft genießen und oft stundenlang an dem herrlichen Plätzchen verweilen.“

Alois Maria Wolfram schrieb zur „Steinfeldbergkapelle“: „Als ich bald nach 1945 die Kapelle zum erstenmal (und bis 1968 wiederholt) besuchte, hatte sie das „kuppelartige Dach“ nicht mehr, sondern ein langgestrecktes, mit Eternitplatten gedecktes Satteldach, das drei Meter weit vorragte und vorne von zwei Holzträgern gestützt war, die ihrerseits auf zwei gedrungenen Steinsäulen von ca. 1 m Höhe aufruhten.“
Von Mitte der Vierzigerjahre bis Mitte der Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts betreute Dachdeckermeister Johann und Maria Ehrenberger die Steinfeldbergkapelle als Dank dafür, dass sie bei den Bombenabwürfen am Steinfeldberg und rund um Purgstall während des 2. Weltkrieges verschont blieben. Sie sorgten für eine Außen- und Innenrenovierung. Die Innenrenovierung wurde damals vom Maler Johann Steinschneider aus Purgstall durchgeführt. Die Familie Ehrenberger stellte auch in dieser Zeit die benötigten Kerzen zur Verfügung.
Um 1965 fasste der Österreichische Kameradschaftsbund, Ortsgruppe Purgstall, unter Obmann Heinrich Fraunbaum, den Entschluss anstatt der alten „Steinfeldbergkapelle“ eine neue Kapelle zu bauen, um in dieser der Gefallenen und Vermissten von Stalingrad zu gedenken.
Wolfram, der fast alle Kapellen und Marterl im Bezirk Scheibbs schriftlich und bildlich erfasste, schrieb zur „Steinfeldbergkapelle“: „...dass diese wohl die schönste Barockkapelle des Bezirkes sei.“
Darum war es nicht verwunderlich, dass sich Widerstand von Seiten der Bevölkerung gegen den vom Kameradschaftsbund gefassten Plan, diese Barockkapelle abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen, erhob.
Trotz der Einwände wurde die alte Barockkapelle abgerissen und am 29. April 1968 mit dem Bau der neuen Kapelle begonnen. Durch eine großangelegte Sammelaktion konnten die nötigen Geldmittel für diesen Bau aufgebracht werden. Die neue Kapelle wurde mit einem Glockenturm versehen, in der eine Glocke der Pfarre Purgstall hängt. An der Turminnenseite wurde die „Madonna von Stalingrad“ als Sgraffito von Prof. Hengl, ausgeführt.
Anlässlich des 85. Geburtstages von Feldkurat Ehrendechant Franz Eder segnete dieser am 14. September 1968 die Glocke, die nach ihm „Franz-Eder-Gedächtnisglocke“ benannt wurde. Pfarrer Othmar Burker nahm am 15. September 1968 die Segnung der neuen Kapelle vor. An der Feier nahmen 24 Verbände des Österreichischen Kameradschaftsbundes mit 27 Fahnen und rund 1200 Kameraden teil. In die neue Kapelle wurde das alte Votivbild, über dem Eingang das blumenumkränzte Gebet der alten Kapelle, sowie das alte Barockgitter übernommen. Am Barockgitter wurde zusätzlich die Jahreszahl „1968“ angebracht.
Nicht mehr in die Kapelle kamen die Reliquiarien, die Plastik „Christus im Grabe“, sowie einige Heiligenbilder.
Am 26. September 1976 wurde die Stalingradkapelle zum Niederösterreichischen Landesehrenmal erhoben.
Im Jahr 2001 erfolgte eine Generalsanierung der Kapelle. Die Segnung der renovierten „Stalingradkapelle“ erfolgte am 26. Mai 2002 durch Pfarrer Mag. Franz Kronister.
Jährlich wird an einem Sonntag im Februar nach dem ersten Gottesdienst zur Stalingradkapelle gegangen, um des verstorbenen Ehrendechanten Franz Eder, sowie der Opfer von Stalingrad zu gedenken.
Am Dreifaltigkeitssonntag führt jährlich eine Prozession zur Stalingradkapelle und in der Woche ab dem Dreifaltigkeitssonntag wird täglich abends ein Rosenkranz gebetet.

Beschreibung:

Details

Gemeindename Purgstall an der Erlauf
Gemeindekennzahl 32008
Ortsübliche Bezeichnung Stalingrad- oder Steinfeldberg-Kapelle
Objektkategorie 1512 ( Religiöse Kleindenkmäler | Kapellen und Grotten | Kapellen)

Katastralgemeinde Zehnbach -- GEM Purgstall an der Erlauf
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer
Ortschafts- bzw. Ortsteil 3251 Purgstall an der Erlauf
Straße und Hausnummer bzw. Flurname Steinfeldbergweg
Längengrad 15.14461
Breitengrad 48.05259

denkmalgeschützt nicht geschuetzt

Höhe (m)
gemessen od. geschätzt --
Breite (m)
gemessen od. geschätzt --
Tiefe (m)
gemessen od. geschätzt --

Zustandsklassifizierung gut
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös:
empfohlene Maßnahmen

Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik)
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details

Zeitkategorie 17. Jahrhundert, 2. Hälfte
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) An der nördlichen Seite des Steinfeldberges befindet sich die „Stalingradkapelle“, die im Jahr 1968 anstatt einer barocken Kapelle, neu erbaut wurde.

Benefiziat Coelestin Schachinger schreibt 1913 zur ursprünglichen „Steinfeldbergkapelle“ im Buch „Geschichte des Marktes Purgstall a. d. Erlauf“: „Mehrere größere Votiv-Kapellen in der Umgebung des Marktes erinnern an den zweiten Türkeneinfall und an die Pestgefahr jener Zeiten. Von diesen ist die älteste die Steinfeldbergkapelle, im Volke „Staffelberg“, sonst auch „Waldkapelle“ genannt. Über ihre Entstehung belehrt uns die Unterschrift des alten, in der Kapelle befindlichen Ölgemäldes.
„Zu sonderbaren Lob und Ehr der allerheiligsten Dreifaltigkeit hab ich, Johann Georg Sturmlehner und Maria, meine Ehewirtin dieses Kreuz allher setzen lassen wegen gefährlicher Kriegszeit und unterschiedliche Krankheit gnädiglich sein erhalten worden. Geschehen den 1. Januarii 1694.“
Über dem Texte ist die Familie abgebildet: Vater, Mutter, drei Söhne und zwei Töchter. Man beachte die damals übliche Festtagskleidung der Bauern; die Familie besaß das Bauernhaus „Pittersberg“. In ihrer ersten Form bestand die Kapelle aus Holz und war klein; die Hauptsache bildete das Votivbild. Aus Stein wurde sie erst 1718 gebaut; 40 Jahre später war sie baufällig und erhielt bei der Renovierung ein kuppelförmiges Dach. Benefiziat Joh. Streimetweger, ein besonders fleißiger Besucher dieser Kapelle, ließ sie im Jahre 1863 neuerdings restaurieren und machte eine Stiftung, der zufolge jährlich am Dreifaltigkeitssonntage eine Prozession mit drei Geistlichen und Musikbegleitung von der Pfarrkirche zur Kapelle geführt wird, an der sich zahllose Menschen zu beteiligen pflegen. Überdies ziehen an dem genannten Tage vom frühesten Morgen bis spät in den Abend kleinere Beterscharen prozessionsweise hinauf, um bei der Kapelle ihre Andacht zu verrichten. Die liebliche Lage am Saume des Waldes, verbunden mit hübscher Aussicht über die Heide bis nach Wieselburg hinab, zieht auch viele Sommerfrischler an, welche dort die würzige Waldesluft genießen und oft stundenlang an dem herrlichen Plätzchen verweilen.“

Alois Maria Wolfram schrieb zur „Steinfeldbergkapelle“: „Als ich bald nach 1945 die Kapelle zum erstenmal (und bis 1968 wiederholt) besuchte, hatte sie das „kuppelartige Dach“ nicht mehr, sondern ein langgestrecktes, mit Eternitplatten gedecktes Satteldach, das drei Meter weit vorragte und vorne von zwei Holzträgern gestützt war, die ihrerseits auf zwei gedrungenen Steinsäulen von ca. 1 m Höhe aufruhten.“
Von Mitte der Vierzigerjahre bis Mitte der Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts betreute Dachdeckermeister Johann und Maria Ehrenberger die Steinfeldbergkapelle als Dank dafür, dass sie bei den Bombenabwürfen am Steinfeldberg und rund um Purgstall während des 2. Weltkrieges verschont blieben. Sie sorgten für eine Außen- und Innenrenovierung. Die Innenrenovierung wurde damals vom Maler Johann Steinschneider aus Purgstall durchgeführt. Die Familie Ehrenberger stellte auch in dieser Zeit die benötigten Kerzen zur Verfügung.
Um 1965 fasste der Österreichische Kameradschaftsbund, Ortsgruppe Purgstall, unter Obmann Heinrich Fraunbaum, den Entschluss anstatt der alten „Steinfeldbergkapelle“ eine neue Kapelle zu bauen, um in dieser der Gefallenen und Vermissten von Stalingrad zu gedenken.
Wolfram, der fast alle Kapellen und Marterl im Bezirk Scheibbs schriftlich und bildlich erfasste, schrieb zur „Steinfeldbergkapelle“: „...dass diese wohl die schönste Barockkapelle des Bezirkes sei.“
Darum war es nicht verwunderlich, dass sich Widerstand von Seiten der Bevölkerung gegen den vom Kameradschaftsbund gefassten Plan, diese Barockkapelle abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen, erhob.
Trotz der Einwände wurde die alte Barockkapelle abgerissen und am 29. April 1968 mit dem Bau der neuen Kapelle begonnen. Durch eine großangelegte Sammelaktion konnten die nötigen Geldmittel für diesen Bau aufgebracht werden. Die neue Kapelle wurde mit einem Glockenturm versehen, in der eine Glocke der Pfarre Purgstall hängt. An der Turminnenseite wurde die „Madonna von Stalingrad“ als Sgraffito von Prof. Hengl, ausgeführt.
Anlässlich des 85. Geburtstages von Feldkurat Ehrendechant Franz Eder segnete dieser am 14. September 1968 die Glocke, die nach ihm „Franz-Eder-Gedächtnisglocke“ benannt wurde. Pfarrer Othmar Burker nahm am 15. September 1968 die Segnung der neuen Kapelle vor. An der Feier nahmen 24 Verbände des Österreichischen Kameradschaftsbundes mit 27 Fahnen und rund 1200 Kameraden teil. In die neue Kapelle wurde das alte Votivbild, über dem Eingang das blumenumkränzte Gebet der alten Kapelle, sowie das alte Barockgitter übernommen. Am Barockgitter wurde zusätzlich die Jahreszahl „1968“ angebracht.
Nicht mehr in die Kapelle kamen die Reliquiarien, die Plastik „Christus im Grabe“, sowie einige Heiligenbilder.
Am 26. September 1976 wurde die Stalingradkapelle zum Niederösterreichischen Landesehrenmal erhoben.
Im Jahr 2001 erfolgte eine Generalsanierung der Kapelle. Die Segnung der renovierten „Stalingradkapelle“ erfolgte am 26. Mai 2002 durch Pfarrer Mag. Franz Kronister.
Jährlich wird an einem Sonntag im Februar nach dem ersten Gottesdienst zur Stalingradkapelle gegangen, um des verstorbenen Ehrendechanten Franz Eder, sowie der Opfer von Stalingrad zu gedenken.
Am Dreifaltigkeitssonntag führt jährlich eine Prozession zur Stalingradkapelle und in der Woche ab dem Dreifaltigkeitssonntag wird täglich abends ein Rosenkranz gebetet.
Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher) Warum aber gerade an dieser Stelle die Kapelle gebaut wurde, weiß nur die Sage zu berichten:
„Als die türkischen Streifscharen am 17. Juli 1683 ins Gebiet der Herrschaft Purgstall eingefallen waren und rings alle Höfe plünderten und viele von ihnen in Brand steckten, zahlreiche Menschen ermordeten und hunderte in die Gefangenschaft abführten, haben sich die Bewohner des Hofes Groß-Pittersberg in dem damals noch viel dichteren Wald unterhalb ihres Hofes versteckt. Wie sie nun aus ihrem Versteck die Feuer der brennenden Höfe durch das Geäst leuchten sehen, haben sie versprochen, sollten sie von den Türken selber nicht entdeckt und ihr Hof nicht angezündet werden, an der Stelle ihres Versteckes eine Kapelle zu bauen. Sie wurden von den Türken tatsächlich nicht gefunden, und als sie nach vielen Stunden bangen Wartens sich wieder hinauf zu ihrem Hofe getrauten, haben sie wohl alles ausgeplündert und verwüstet angetroffen, den Hof selber aber heil und unversehrt. Sie haben daher einige Jahre später, nachdem sie sich wirtschaftlich erholt hatten, die versprochene Kapelle am Orte ihrer Zuflucht errichtet.“

Weitere Informationen:

Im Buch „Purgstall – Religiöse Kleindenkmäler“
Im Film „Purgstall – Religiöse Kleindenkmäler – Feste und Feiern“
Bestellung unter: www.erlauftalerbildungskreis.at

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Isidor_Sigmhbg

1997-04-15

Rieder Leopold

Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen Wiesenhofer, Franz u. Wiesenhofer, Hildegard: Purgstall - Religiöse Kleindenkmäler. Purgstall 2005.

Michaela Wiesenhofer
Datum der Erfassung 2016-04-20
Datum der letzten Bearbeitung 2016-05-24

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