Wundsam-Kapelle (Kapelle beim Haus Zehnbach 6)

Religiöse KleindenkmälerKapellen und GrottenKapellen

Gemeinde: Purgstall an der Erlauf

Zeitkategorie: --

Chronik:

Zirka 70 Meter südlich vom Haus Zehnbach 6, vulgo „Wundsam“, steht an einem früheren Gemeindeweg auf der rechten Seite eine Kapelle, die im Jahr 1985 neu errichtet wurde.
Die beiden Söhne des Hauses, Franz und Josef Jagesberger, erbauten die Kapelle. Bei der Abholung des geschmiedeten Eisentores von der Verzinkerei, wurde Herr Josef Jagesberger senior von einem selbstschließenden Tor niedergestoßen, wodurch er einen Oberschenkelhalsbruch erlitt, an dessen Folgen er im Jänner 1987 verstarb. 1986 wurde die Kapelle von Pfarrer Wilfried Kreuth gesegnet. Seit dieser Zeit wird jährlich eine Maiandacht abgehalten. In der Kapelle befinden sich eine Marienstatue sowie ein altes Bild der 9. Station eines Kreuzweges.
1985 wurde das Blechbild von Herrn J. Brandstötter aus Biberbach restauriert. Am unteren Rand des Bildes befinden sich zwei Einschusslöcher, die aus dem Jahr 1945 stammen.
Das Bild befand sich damals noch in der alten Kapelle an der ehemaligen Bezirksstraße, westlich vom Hof „Wundsam“. Bei einem Transport von KZ-Gefangenen schoss ein SS-Mann in die Kapelle, wobei zwei Schüsse das Bild trafen. Wegen des Neubaues der Bundesstraße 25 wurde die Kapelle 1958 abgerissen.
Diese Kapelle war bereits in den Karten der Josephinischen Landesaufnahme der Jahre 1763 – 1787 eingezeichnet.
Zur Geschichte der alten Kapelle schreibt Benefiziat Coelestin Schachinger 1913 im Buch „Geschichte des Marktes Purgstall a. d. Erlauf: „Zu den ältesten Bauwerken in der Umgebung des Marktes gehören ohne Zweifel jene drei Kapellen, welche, an der Straße zwischen Purgstall und Zehnbach gelegen, durch ihre Form sowohl als
durch die darin angebrachten Bilder als Kreuzwegstationen erscheinen. Über dieselben ist zwar weder Schriftliches zu finden, noch knüpft sich eine Überlieferung daran, doch sprechen verschiedene Umstände dafür, dass sie um die Mitte des 15. Jahrhunderts erbaut wurden, das ist zu jener Zeit, als Purgstall ein Landgericht erhalten hatte, dort oberhalb Zehnbach aber neben der Straße am Mühlberg
die Richtstätte war. Die erste Station dieses Kreuzweges war naturgemäß im Markte bei der Schranne, von welcher herab dem Verbrecher das Todesurteil vorgelesen wurde, die letzte Station auf dem kleinen Plateau des Mühlberges, auf dem sich jetzt ein einfaches Holzkreuz erhebt.
Die erwähnten drei Kapellen zeigen die Darstellung der 9. Station (Jesus fällt zum dritten Mal), der 11. Station (Jesus wird ans Kreuz geheftet) und der 12. Station (Jesus stirbt am Kreuze). Doch ist die letztgenannte Kapelle vor einem Jahrzehnte restauriert worden, wobei ihre frühere romanische Form in einen modernen Spitzbogen abgeändert wurde, so dass sie ihren älteren Schwestern durchaus nicht mehr gleicht.
Alle übrigen Kapellen dieses Kreuzweges sind verschwunden, doch dürften sie um die Mitte des 18. Jahrhunderts noch bestanden haben, denn es ist gewiß, dass damals der Kreuzweg noch „im Freien“ abgehalten wurde, wobei jedenfalls diese Stationskapellen als Wegweiser und Andachtsstätten dienten. Wahrscheinlich sind sie den kirchlichen Verordnungen Kaiser Josefs II. zum Opfer gefallen und nur dem frommen Sinne der betreffenden Grundeigentümer ist es zu danken, dass diese wenigen Zeugen einer weit hinter uns liegenden Vergangenheit erhalten blieben.
Von wem sie erbaut wurden, ist, wie schon angedeutet, unbekannt, daß deren Erbauung aber ins 15. Jahrhundert zu setzen ist, dafür spricht u. a. auch der Umstand, dass die Zeit der lutherischen Wirren für derlei Bauten nicht gestimmt war, seit Mitte des 17. Jahrhunderts aber die Gewohnheit platzgriff, Justifizierungen in der Nähe des Marktes oder gar im Markte selbst vor sich gehen zu lassen, wie wir im Kapitel über das Landgericht sehen werden. Auch der Stil, in dem sie erbaut sind, weist auf ein höheres Alter.“
Alter.“
Bei den drei Kapellen, die Schachinger erwähnte, handelt es sich um die ehemalige „Wundsam-Kapelle“ (9. Station – Jesus fällt zum dritten Mal), die Vorgänger Kapelle der heutigen „St. Hubertus-Kapelle“ (11. Station – Jesus wird ans Kreuz genagelt) und die „Brandhofer-Kapelle“ (12. Station – Jesus stirbt am Kreuz), die umgebaut und 1987 auf der nördlichen Straßenseite neu errichtet wurde. Von den erwähnten Bildern ist nur noch die 9. Station, nun in der neuen „Wundsam-Kapelle“, und die 11. Station erhalten.

Beschreibung:

Details

Gemeindename Purgstall an der Erlauf
Gemeindekennzahl 32008
Ortsübliche Bezeichnung Wundsam-Kapelle (Kapelle beim Haus Zehnbach 6)
Objektkategorie 1512 ( Religiöse Kleindenkmäler | Kapellen und Grotten | Kapellen)

Katastralgemeinde Zehnbach -- GEM Purgstall an der Erlauf
Flurstücks- bzw. Grundstücksnummer
Ortschafts- bzw. Ortsteil 3251 Zehnbach
Straße und Hausnummer bzw. Flurname Zehnbach 6
Längengrad 15.141081
Breitengrad 48.047491

denkmalgeschützt nicht geschuetzt

Höhe (m)
gemessen od. geschätzt --
Breite (m)
gemessen od. geschätzt --
Tiefe (m)
gemessen od. geschätzt --

Zustandsklassifizierung sehr gut
Falls sanierungsbedürftig od. ruinös:
empfohlene Maßnahmen

Beschreibung des Objekts (Deutung, Material und Technik)
Bei besonderen Objekten: Beschreibung von Details

Zeitkategorie --
Ursprungsdaten, Chronik: (Zeit und Ursache der Errichtung bzw. Überlieferung, Namen der Urheber, Künstler bzw. Handwerker, Sanierungen) Zirka 70 Meter südlich vom Haus Zehnbach 6, vulgo „Wundsam“, steht an einem früheren Gemeindeweg auf der rechten Seite eine Kapelle, die im Jahr 1985 neu errichtet wurde.
Die beiden Söhne des Hauses, Franz und Josef Jagesberger, erbauten die Kapelle. Bei der Abholung des geschmiedeten Eisentores von der Verzinkerei, wurde Herr Josef Jagesberger senior von einem selbstschließenden Tor niedergestoßen, wodurch er einen Oberschenkelhalsbruch erlitt, an dessen Folgen er im Jänner 1987 verstarb. 1986 wurde die Kapelle von Pfarrer Wilfried Kreuth gesegnet. Seit dieser Zeit wird jährlich eine Maiandacht abgehalten. In der Kapelle befinden sich eine Marienstatue sowie ein altes Bild der 9. Station eines Kreuzweges.
1985 wurde das Blechbild von Herrn J. Brandstötter aus Biberbach restauriert. Am unteren Rand des Bildes befinden sich zwei Einschusslöcher, die aus dem Jahr 1945 stammen.
Das Bild befand sich damals noch in der alten Kapelle an der ehemaligen Bezirksstraße, westlich vom Hof „Wundsam“. Bei einem Transport von KZ-Gefangenen schoss ein SS-Mann in die Kapelle, wobei zwei Schüsse das Bild trafen. Wegen des Neubaues der Bundesstraße 25 wurde die Kapelle 1958 abgerissen.
Diese Kapelle war bereits in den Karten der Josephinischen Landesaufnahme der Jahre 1763 – 1787 eingezeichnet.
Zur Geschichte der alten Kapelle schreibt Benefiziat Coelestin Schachinger 1913 im Buch „Geschichte des Marktes Purgstall a. d. Erlauf: „Zu den ältesten Bauwerken in der Umgebung des Marktes gehören ohne Zweifel jene drei Kapellen, welche, an der Straße zwischen Purgstall und Zehnbach gelegen, durch ihre Form sowohl als
durch die darin angebrachten Bilder als Kreuzwegstationen erscheinen. Über dieselben ist zwar weder Schriftliches zu finden, noch knüpft sich eine Überlieferung daran, doch sprechen verschiedene Umstände dafür, dass sie um die Mitte des 15. Jahrhunderts erbaut wurden, das ist zu jener Zeit, als Purgstall ein Landgericht erhalten hatte, dort oberhalb Zehnbach aber neben der Straße am Mühlberg
die Richtstätte war. Die erste Station dieses Kreuzweges war naturgemäß im Markte bei der Schranne, von welcher herab dem Verbrecher das Todesurteil vorgelesen wurde, die letzte Station auf dem kleinen Plateau des Mühlberges, auf dem sich jetzt ein einfaches Holzkreuz erhebt.
Die erwähnten drei Kapellen zeigen die Darstellung der 9. Station (Jesus fällt zum dritten Mal), der 11. Station (Jesus wird ans Kreuz geheftet) und der 12. Station (Jesus stirbt am Kreuze). Doch ist die letztgenannte Kapelle vor einem Jahrzehnte restauriert worden, wobei ihre frühere romanische Form in einen modernen Spitzbogen abgeändert wurde, so dass sie ihren älteren Schwestern durchaus nicht mehr gleicht.
Alle übrigen Kapellen dieses Kreuzweges sind verschwunden, doch dürften sie um die Mitte des 18. Jahrhunderts noch bestanden haben, denn es ist gewiß, dass damals der Kreuzweg noch „im Freien“ abgehalten wurde, wobei jedenfalls diese Stationskapellen als Wegweiser und Andachtsstätten dienten. Wahrscheinlich sind sie den kirchlichen Verordnungen Kaiser Josefs II. zum Opfer gefallen und nur dem frommen Sinne der betreffenden Grundeigentümer ist es zu danken, dass diese wenigen Zeugen einer weit hinter uns liegenden Vergangenheit erhalten blieben.
Von wem sie erbaut wurden, ist, wie schon angedeutet, unbekannt, daß deren Erbauung aber ins 15. Jahrhundert zu setzen ist, dafür spricht u. a. auch der Umstand, dass die Zeit der lutherischen Wirren für derlei Bauten nicht gestimmt war, seit Mitte des 17. Jahrhunderts aber die Gewohnheit platzgriff, Justifizierungen in der Nähe des Marktes oder gar im Markte selbst vor sich gehen zu lassen, wie wir im Kapitel über das Landgericht sehen werden. Auch der Stil, in dem sie erbaut sind, weist auf ein höheres Alter.“
Alter.“
Bei den drei Kapellen, die Schachinger erwähnte, handelt es sich um die ehemalige „Wundsam-Kapelle“ (9. Station – Jesus fällt zum dritten Mal), die Vorgänger Kapelle der heutigen „St. Hubertus-Kapelle“ (11. Station – Jesus wird ans Kreuz genagelt) und die „Brandhofer-Kapelle“ (12. Station – Jesus stirbt am Kreuz), die umgebaut und 1987 auf der nördlichen Straßenseite neu errichtet wurde. Von den erwähnten Bildern ist nur noch die 9. Station, nun in der neuen „Wundsam-Kapelle“, und die 11. Station erhalten.

Chronik - allfällige Ergänzungen: (z.B. Sagen, Legenden, Überlieferungen ausführlicher) Alois Maria Wolfram befasste sich eingehend mit den religiösen Kleindenkmälern in unserem Bezirk und schreibt Folgendes zu den Ausführungen Schachingers:
„Für die Annahme, dass es sich bei den drei Kapellen um einen Kreuzweg gehandelt hat, spricht so ziemlich alles dagegen. Bei einem Kreuzweg sind die einzelnen Stations-Bildstöcke meist gleich gebaut, ausgenommen etwa der 12. Station, und sie sind, wenn es das Gelände zulässt, in gleichen Abständen errichtet. Die Bildstöcke der angenommenen 9. und 11. Station waren sich nun zwar sehr ähnlich, aber sie waren durchaus nicht gleich groß (9. Station - 95 x 195 x 320 cm und 11. Station - 90 x 180 x 270 cm) und vor allem waren sie nicht in gleichen Abständen errichtet, obwohl das Gelände dies ohne weiteres erlaubt hätte. So war der Abstand zwischen der angenommenen 11. und 12. Station viel größer, als zwischen der 9. und 11. Station, obwohl da noch die 10. Station dazwischen hätte Platz finden müssen – gar nicht zu reden davon, wie weit die 1. Station im Markte entfernt gewesen wäre! Übrigens sind auch die Bilder der 9. und 11. Station so verschieden, dass sie
nicht von einem einheitlichen Kreuzweg stammen können.

Schachinger nimmt ferner an, dass der Kreuzweg um die Mitte des 15. Jahrhunderts errichtet worden ist. Das ist ganz unmöglich! Laut Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Freiburg 1961, Band VI, Sp. 627 ff wurde im deutschen Sprachraume der erste Kreuzweg gegen Ende des 15. Jahrhunderts in der Form errichtet, dass nur der Anfangs- und Endpunkt festgelegt wurde. Später ging man zu einer Siebenzahl von Stationen über, und erst im 16. Jahrhundert wurde die Zahl 14 von Bedeutung, die dann der hl. Leonardo a Porto Maurizio OFM, + 1751, allgemein verbreitet hat. Und laut St. Pöltner Kirchenblatt vom 10.4.1949 hat Graf Georg Andre Strassoldo, Propstpfarrer von Eggenburg, im Jahre 1675 den ersten Kalvarienberg in unserem Lande errichtet. Es ist daher ausgeschlossen, dass in Purgstall schon 200 Jahre früher ein Kreuzweg mit 14 Stationen erbaut worden wäre! Wenn er aber erst im 17. oder 18. Jahrhundert entstanden wäre, dann müßte doch Schachinger irgend etwas in der Pfarr- oder Gemeindechronik gefunden haben.
Es bleibt also nur die merkwürdige Tatsache bestehen, dass die beiden verschwundenen Bildstöcke an der Bundesstraße Bilder der 9. und 11. Kreuzwegstation bargen. (Von der angenommenen 12. Station ist das ja nicht so sicher, denn das Kreuzigungsbild, das sie enthielt, stammte ziemlich sicher von keinem Kreuzwege!) Wenn Schachinger übrigens die beiden Bildstöcke als „romanisch“ bezeichnet, irrte er noch viel eindeutiger als bei dem angenommenen Kreuzwege. Es handelte sich bei diesen „romanischen Kapellen“ um Breitbildstöcke. Nach Franz Hula, „Die Totenleuchten und Bildstöcke Österreichs“, Wien 1948, Seite 63 treten die Breitbildstöcke „erst mit der Renaissance ...auf den Plan“ und werden dann „...im Barock... am häufigsten, doch auch in späterer Zeit finden wir noch genug Vertreter dieser Bildstockart“. – In unserem Bezirk wurden sie besonders in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts errichtet und erst aus dieser Zeit dürften auch die beiden mehrfach erwähnten und nunmehr verschwundenen Bildstöcke an der Bundesstraße gestammt haben!“

Weitere Informationen:

Im Buch „Purgstall – Religiöse Kleindenkmäler“
Im Film „Purgstall – Religiöse Kleindenkmäler – Feste und Feiern“
Bestellung unter: www.erlauftalerbildungskreis.at

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Isidor_Sigmhbg

1997-04-15

Rieder Leopold

Informationsquellen, Literatur und weitere Quellen Wiesenhofer, Franz u. Wiesenhofer, Hildegard: Purgstall - Religiöse Kleindenkmäler. Purgstall 2005.

Michaela Wiesenhofer
Datum der Erfassung 2016-04-20
Datum der letzten Bearbeitung 2016-05-24

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